Der Bass vibriert, die Menge tobt – Festivals und Open-Air-Konzerte sind für viele das Highlight des Sommers. Doch zwischen Bühnenspektakel und Gänsehautmoment lauert eine oft unterschätzte Gefahr: die Lautstärke. Denn was kurzfristig für Glücksgefühle sorgt, kann langfristig schaden – manchmal irreversibel. Studien zeigen klar, dass Hörverlust und Tinnitus ein ernst zu nehmendes Risiko für alle Musikliebhaber*innen sind. Aber es gibt auch Wege, das Gehör zu schonen, ohne ganz auf laute Musik zu verzichten.
In einer aktuellen Umfrage der britischen Hilfsorganisation RNID berichten 58 Prozent der 18- bis 28-Jährigen, nach dem Besuch von Konzerten, Clubs oder Festivals schon einmal Hörverluste oder Tinnitus erlebt zu haben – obwohl drei Viertel der Befragten das Risiko kennen. Wissenschaftliche Studien bestätigen das Problem. Eine im BMJ Global Health veröffentlichte Meta-Analyse schätzt, dass weltweit 670 Millionen bis 1,35 Milliarden Menschen zwischen 12 und 34 Jahren unsicheren Hörgewohnheiten ausgesetzt sind – vor allem durch laute Musik bei Freizeitveranstaltungen. Neben Konzerten und Festivals gilt inzwischen auch das Gaming als Gefahr für das Gehör.
Das bekannte „Pfeifen im Ohr“ nach einer Partynacht ist in vielen Fällen ein temporärer Tinnitus – ein Warnsignal, dass das Innenohr überlastet wurde. Auch Schwindel und Gleichgewichtsstörungen, ein dumpfes Gefühl im Ohr oder eine merkbare Hörminderung gehören zu diesen reversiblen Symptomen. Wird das Gehör jedoch immer wieder solchen Belastungen ausgesetzt, droht ein dauerhafter Schaden. Das bedeutet, die empfindlichen Haarzellen im Innenohr können sich nicht regenerieren und werden dauerhaft geschädigt.
Im schlimmsten Fall kann laute Musik zu lärminduziertem Hörverlust (NIHL) oder zu Tinnitus führen. Auch Hyperakusis, eine krankhafte Überempfindlichkeit gegenüber Geräuschen kann die Folge sein. Dabei bleiben Standard-Hörtests in frühen Stadien oft unauffällig. Spezielle Messmethoden in der HNO-Praxis wie die Auswertung von Oto-Akustische Emissionen (OAE) zeigen jedoch schon früh erste Schädigungen, vor allem im Hochfrequenzbereich.
Das individuelle Risiko eines Hörschadens hängt von Lautstärke, Dauer und Häufigkeit ab. Ab 85 dB sind Schädigungen möglich, wenn die Belastung über längere Zeit anhält. Ab 100 dB besteht schon nach wenigen Minuten Gefahr für dauerhafte Schäden.
Normales Gespräch |
ca. 60 dB |
Keine Gefahr |
Straßenverkehr |
ca. 85 dB |
Gehörschäden bei dauerhafter Belastung möglich |
Konzert |
Oft bis zu 110 dB |
Gehörschäden bereits nach kurzer Zeit möglich |
Die gute Nachricht für Musik- und Festival-Liebhaber: Schon kleine Maßnahmen senken das Risiko ernster Hörschädigungen erheblich.
Gerade im Sommer – während der Festivalsaison – bietet sich die Gelegenheit, Patient*innen aktiv über Gehörschutz aufzuklären. Beispielsweise kann entsprechendes Infomaterial im Wartezimmer platziert werden. Auch in der persönlichen Beratung kann der Umgang mit lauter Musik platziert werden. Falls berufsrechtlich vertretbar, könnten sogar Ohrstöpsel zum Mitnehmen angeboten werden – idealerweise mit einer kurzen Anleitung zur Anwendung. In jedem Fall gilt: HNO-Praxen sind die richtige Anlaufstelle für Untersuchungen rund ums Ohr – und für eine wirksame Behandlung von Hörproblemen.
Hörverlust durch laute Musik ist keine Randerscheinung – er betrifft Millionen junger Menschen weltweit. Die Folgen können lebenslang bleiben, doch sie sind vermeidbar. Schon mit einfachen Maßnahmen wie Ohrstöpseln, Abstand zu den lauten Musikquellen und bewussten Hörpausen lässt sich das Risiko deutlich senken. Wer sein Gehör schützt, kann Musik auch in vielen Jahren noch genießen.
HNOnet
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