Ein Stromausfall in der Arztpraxis gehört zu den Szenarien, über die Praxisinhaber*innen nicht gerne nachdenken. Dabei können regionale Störungen des Energienetzes oder längere Unterbrechungen der Energieversorgung schnell zu organisatorischen und medizinischen Problemen führen. Der mehrtägige Stromausfall im September 2025 in Berlin und der großflächige Ausfall im April 2025 in Spanien und Portugal sind eine deutliche Erinnerung daran, dass Stromausfälle nicht ausgeschlossen werden können. Eine gute Vorbereitung hilft dabei, Risiken zu reduzieren.
Arztpraxen sind stärker vom Strom abhängig, als uns im Alltag oft bewusst ist: Beleuchtung, elektronische Patientenakten, Kühlgeräte für Impfstoffe, Medizintechnik oder Kommunikation – ohne Energie steht vieles still. Dass alle diese Geräte bei einem Stromausfall einfach weiterlaufen, ist unrealistisch. Vielleicht ist es auch nicht dringend erforderlich. Denn der erste Schritt der Vorbereitung ist daher eine ehrliche Risikoanalyse: Welche Geräte sind kritisch für die Versorgung? Wie lange kann ein Ausfall überbrückt werden? Eine einfache Checkliste hilft dabei, diese Abhängigkeiten transparent zu machen und Prioritäten festzulegen.
Gegen längere Unterbrechungen der Stromversorgung können Arztpraxen wenig ausrichten. Theoretisch ist es möglich, ein mobiles Notstromaggregat zu betreiben. Dadurch können Kühlketten oder empfindliche Geräte einige Zeit stabil gehalten werden. Die Anschaffung und Installation, einschließlich der vorschriftsgemäßen Lagerung eines Kraftstoffs, ist aber vergleichsweise aufwendig. Zudem darf ein Notstromaggregat wegen der giftigen Abgase nicht in gewöhnlichen Innenräumen betrieben werden. Ob eine praxiseigene Notstromversorgung infrage kommt, muss im Einzelfall geprüft werden.
Empfehlenswert ist möglicherweise eine sogenannte unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV). Dabei kommen kleine Batterien zum Einsatz, die Spannungseinbrüche überbrücken und einen Stromausfall kurzfristig ausgleichen. Sensible Geräte wie Server werden dadurch geschützt, da sie kontrolliert heruntergefahren werden können. Eine dauerhafte Stromversorgung kann die USV allerdings nicht leisten.
Von Vorteil sind bei einem Stromausfall in der Praxis auch Photovoltaikanlagen mit Batteriespeicher, die im Inselbetrieb kurzfristig Energie liefern. Wer aus wirtschaftlichen Gründen oder im Rahmen einer Energieeffizienzstrategie in Photovoltaik investiert hat, kann diese nachhaltige Ergänzung auch zur Risikominimierung einsetzen.
Ein weiterer Hebel ist der Fokus auf cloudbasierte Systeme. Arztpraxen sind deutlich stärker gefährdet, wenn die Datenhaltung lokal, etwa auf einem eigenen Server in der Praxis erfolgt. Rechenzentren verfügen dagegen regulär über sehr hohe Schutzmechanismen. Davon machen Praxen, die auf cloudbasierte Systeme setzen, automatisch Gebrauch.
Technische Lösungen sind immer nur ein Teil der Bewältigungsstrategie bei Stromausfällen. Um Chaos und Verwirrung zu vermeiden, ist eine klare interne Organisation hilfreich. Ein Notfallplan, den das gesamte Praxisteam kennt, sollte festlegen, welche Aufgaben bei einem Stromausfall zu erledigen sind und wer welche Aufgaben übernimmt.
Da Telefone und Internet oft gleichzeitig ausfallen, sind alternative Kommunikationswege hilfreich. Die Bandbreite reicht dabei von Mobiltelefonen mit Powerbanks bis hin zu Aushängen an der Praxistür. Auch eine vorbereitete Ansage auf dem Anrufbeantworter oder Hinweise auf der Website sorgen für Transparenz nach außen.
Bei einem längeren Ausfall sollten wichtige Kontaktlisten und Dokumente in Papierform vorliegen. Hierzu zählen insbesondere Notfallnummern oder Gerätehandbücher. Natürlich darf auch ein Rezeptblock nicht fehlen.
Für die Versorgung gilt: Routinekontrollen oder -behandlungen können verschoben werden, um die Versorgungssicherheit für vulnerable Patient*innen und akute Fälle zu gewährleisten. Grundsätzlich besteht auch bei einem Stromausfall die Pflicht zur Patientenversorgung. Klare Vorgaben, welche Termine abgesagt werden und welche stattfinden, können zur Beruhigung der Situation beitragen.
Ebenfalls von Bedeutung ist die Aufrechterhaltung der persönlichen Einsatzbereitschaft. Denn Ärzt*innen und MFA, die selbst in einen Krisenmodus verfallen, können den Praxisbetrieb nicht aufrechterhalten. Zur persönlichen Vorsorge zählt neben der Mobilität (Wie erreiche ich die Praxis?) insbesondere auch die Versorgung mit Trinkwasser und Lebensmitteln, die im Fall eines Blackouts beeinträchtigt sein kann. Offizielle Empfehlungen bieten einen Überblick über die sinnvolle persönliche Bevorratung. Zusätzliche Wasservorräte können beispielsweise auch in der Praxis vorgehalten werden.
Ein Stromausfall ist kein Katastrophenszenario, sondern ein realer Bestandteil der modernen Praxisorganisation. Allein im Jahr 2025 wurde diese Theorie für zahlreiche Praxen zur Realität. Praxisinhaber*innen stehen in der Verantwortung, für diesen Fall vorzusorgen. Wer Zuständigkeiten festlegt, technische Mindestvorkehrungen trifft und Abläufe regelmäßig testet, kann auch in Ausnahmesituationen souverän handeln. So bleibt die Versorgung sicher – für Patient*innen und für das Praxisteam.
HNOnet
c/o Frielingsdorf Consult GmbH
Hohenstaufenring 48-54
50674 Köln
(0221) 13 98 36 - 69
(0221) 13 98 36 - 65